»Es geht darum, ehrenamtliches Engagement wertzuschätzen.«

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Auf der WikiCon kommen jährlich die Aktiven der deutschsprachigen Wikipedia und ihrer Schwesterprojekte zusammen, 2022 fand sie in Stralsund statt. Sandro Halank, Projektmanager Freiwilligenmanagement bei Wikimedia Deutschland, zählt zu den Organisator*innen der Veranstaltung.

Wie fällt die Bilanz der WikiCon aus?

Sandro Halank: Es war eine tolle Veranstaltung an wirklich besonderen Orten. Die Stadt Stralsund hat uns sehr unterstützt und uns das Rathaus als Haupttagungsort zur Verfügung gestellt. Über einen Kontakt konnten wir auch eine Podiumsdiskussion im Ozeanum abhalten, in einem beeindruckenden Saal unter riesigen Modellen von Walen. Das Meeresmuseum wurde eigens für uns zwei Stunden länger offen gehalten, sodass die Ehrenamtlichen sich auch die Dauerausstellung anschauen konnte. Als wir einen Raum fürs Catering gesucht haben, hat die Stadt uns zudem eine Kulturkirche als Veranstaltungsort vermittelt, die abends bei entsprechendem Licht ebenfalls eine besondere Stimmung hatte.

Welche Themen standen im Fokus?

Bei der Podiumsdiskussion ging es um Veränderungen der Umwelt durch den Klimawandel – und wie wichtig nachprüfbare Fakten durch Freies Wissen bei diesem Thema sind. Wir hatten Museumsfachleute und ein Mitglied von Fridays for Future aus Stralsund zu Besuch. Häufig ergibt sich bei den WikiCons ein Schwerpunkt, der sich durch die Veranstaltung zieht. 2022 war der Krieg in der Ukraine sehr präsent, zu dem wir Vorträge unter anderem von der Wikimedianerin Oksana Radikova gehört haben. Mitarbeitende von Wikimedia Deutschland sprachen zu verschiedenen rechtlichen, technischen oder organisatorischen Aspekten rund um die Wikipedia. Und natürlich hatten die Freiwilligen ausreichend Gelegenheit, sich einzubringen, zum Beispiel mit Vorträgen und Ligthning Talks. Außerdem gab es viel Raum für den gemeinsamen Austausch am Rande des Konferenzprogramms.

Welche organisatorischen Herausforderungen bringt eine solche Veranstaltung mit sich?

Es braucht zunächst eine hinreichend gute Verkehrsanbindung, schließlich reisen die Teilnehmenden aus dem gesamten deutschsprachigen Raum an. Es müssen Hotelkapazitäten für rund 200 Menschen vorhanden sein und natürlich geeignete Tagungsorte, idealerweise mit verschiedenen parallel nutzbaren Räumen. Dazu kommen technische Anforderungen. 2021 haben wir erstmals eine hybride WikiCon in Erfurt veranstaltet, um Menschen einzubinden, die nicht vor Ort sein können. Das wollten wir 2022 in Stralsund natürlich beibehalten. Im Rathaus haben wir aus drei von insgesamt sechs Räumen gestreamt, auch aus dem Ozeanum und der Kulturkirche. Etwa 80 bis 100 Teilnehmende waren remote dabei, rund 190 vor Ort.

Seit wann existiert die WikiCon als Institution?

Es gab Anfang der 2010er-Jahre die Überlegung, ein überregionales Treffen für die Aktiven der Wikipedia zu organisieren. Die Stammtischkultur in der deutschsprachigen Wikipedia existiert schon seit Mitte der Nullerjahre, 2010 gab es dann mit der SkillShare – dem Vorgänger der WikiCon – eine Konferenz der deutschsprachigen Wikipedia-Communitys, die in Lüneburg stattfand. Daraus entstand der Impuls, so etwas häufiger zu machen, allerdings mit einem griffigeren Namen, wenn möglich. 2011 wurde daraus die WikiConvention, mittlerweile nur noch abgekürzt als WikiCon, die erstmals in Nürnberg abgehalten wurde. Seitdem ist es eine jährliche Veranstaltung.

Eine feste Rubrik sind die »Technischen Wünsche«. Was äußerte die Community in Stralsund?

Die »Technischen Wünsche« sind natürlich ein weites Feld. Einerseits wünschen sich viele Ehrenamtliche kleine Helfer für gewisse Routineaufgaben, die es immer wieder zu erledigen gilt, um die eigenen Arbeitsabläufe zu erleichtern. Ein Thema, das 2022 einen hohen Stellenwert bekam, ist das Hochladen von Mediendateien auf unserem Medienarchiv Wikimedia Commons. Es hat in der Vergangenheit leider nicht immer stabil funktioniert, deshalb möchte die Wikimedia Foundation jetzt auch darauf einen Fokus legen. Außerdem hat Timur Vorkul von unserem Team »Technische Wünsche« zusammen mit einer Ehrenamtlichen einen Open Mic Rant veranstaltet – unter dem Titel »Am meisten an der Software nervt mich …« Dabei sind auch einige Bedarfe sichtbar geworden.

Auf der WikiCon werden auch die WikiEulen verliehen. Was hat es mit dieser Tradition auf sich?

Es geht darum, ehrenamtliches Engagement von Menschen wertzuschätzen und sichtbar zu machen. Es gab 2013 auf der WikiCon in Karlsruhe ein sogenanntes Motivationsprojekt, bei dem Artikel oder Projekte nominiert und dann vor Ort ausgezeichnet wurden.

2014 hatten Ehrenamtliche die Idee, diese Auszeichnung weiterzuentwickeln, woraus die WikiEule entstand. Seitdem ist diese Verleihung der Höhepunkt der Veranstaltung am Samstagabend. Ausgezeichnet werden Ehrenamtliche, die besonders aktiv sind, besonders viele Bilder hochladen, Artikel schreiben oder editieren, die im Kulturbereich spezielle Leistungen erbringen oder sich in der Organisation von Projekten engagieren. 2022 ist unter anderem die gesprochene Wikipedia prämiert worden, die Artikelinhalte zum Hören bereitstellt. Übrigens hat die WikiEule mit den WikiUilen in den Niederlanden seit 2015 und dem WikiRiccio in Italien seit 2018 zwei Ableger.

Wie ist das Feedback der Community ausgefallen?

Wir machen seit 2016 eine Feedback-Umfrage, bei der wir zu evaluieren versuchen, was gut lief und wo es Verbesserungspotenzial gibt. Es hat sich gezeigt, dass Austausch und Begegnung untereinander für die Leute enorm wichtig sind, und die Atmosphäre wurde sehr gelobt. Alles in allem war es eine runde Sache.