Freiwillige
Gemeinsam sind wir stark – wie Wikimedia Deutschland die ehrenamtlichen Communitys stärkt



In der deutschsprachigen Wikipedia finden täglich Millionen Menschen verlässliche Informationen aus gesicherten Quellen: Fakten statt Falschinformationen! Zu verdanken ist das einer starken Community aus Ehrenamtlichen, die ihr Wissen teilen und Wikipedia wachsen lassen – mit bis zu 400 neuen Artikeln pro Tag. Das alles geht nicht ohne Unterstützung. Seit über 20 Jahren fördert Wikimedia Deutschland die Arbeit der Ehrenamtlichen und setzt sich dafür ein, dass die Community stark ist – auch 2024 mit Erfolg!
Volles Programm, Austausch, Engagement: die Community-Konferenzen 2024
Gemeinsam haben die Ehrenamtlichen der Community und Wikimedia Deutschland auch 2024 wieder erfolgreich Community-Konferenzen auf die Beine gestellt. Allen voran die WikiCon in Wiesbaden. Das jährliche „Familientreffen“ der deutschsprachigen Communitys bot ein vielseitiges Konferenzprogramm mit mehr als 80 Vorträgen, Workshops und Podiumsdiskussionen. Dabei ging es in erster Linie um die praktische Arbeit an der Wikipedia und ihrer Schwesterprojekte. Aber auch große Zukunftsthemen wie die Auswirkungen von Künstlicher Intelligenz auf Wikipedia und die Resilienz von Freiem Wissen in einer kriselnden Welt standen im Fokus. Mit dabei waren neben den vielen engagierten Ehrenamtlichen auch externe Gäste wie Kirsten Bode und Andreas Grün vom ZDF, Thomas Laufersweiler von der ARD oder Prof. Dr. Cornelia Mothes von der Hochschule Macromedia in Leipzig und Prof. Dr. Claudia Paganini von der Hochschule für Philosophie München. Im Rahmen einer feierlichen Abendveranstaltung wurden zum elften Mal die „WikiEulen“ an herausragende Aktive und Projekte verliehen. Auch die Themen des Wikipedia-Zukunftskongresses (mehr dazu im Artikel Wikimedia) wurden auf der WikiCon weiter diskutiert.
Mit 362 Teilnehmenden insgesamt (davon 263 vor Ort und 99 online) war es die bislang meistbesuchte WikiCon. „Gute Stimmung, toller Austausch, sehr gute Vorträge, gute Balance zwischen Arbeitsatmosphäre und lockeren Gesprächen“ – so fasste ein Community-Mitglied die WikiCon 2024 zusammen. Die WikiCon ist eine von mehreren Community-Konferenzen, die jedes Jahr in enger Zusammenarbeit mit Wikimedia Deutschland organisiert werden und für wichtige Impulse sorgen. Auch die AdminCon – das Treffen der ehrenamtlichen Administrator*innen der deutschsprachigen Wikipedia – fand wieder viel Zuspruch. Genauso wie die FemNetzCon, die zum 4. Mal FLINTA*-Wikipedianer*innen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz mit dem Ziel zusammenbrachte, die Wikipedia diverser zu machen.
Das Förderbarometer zeigt wieder Bestwerte
Wie zufrieden die Community mit den Förderangeboten von Wikimedia Deutschland ist, halten wir jedes Jahr mit dem Förderbarometer fest. Für 2024 zeigt die Umfrage weiterhin eine sehr hohe Zufriedenheit mit der Förderung des Vereins: 9,44 von 10 maximal möglichen Punkten. „Ein schönes Zeichen dafür, dass unsere Angebote von den Communitys wahrgenommen und wertgeschätzt werden“, so Sandro Halank aus dem Team Community-Konferenzen & Förderung. Insgesamt hat Wikimedia Deutschland 997 Serviceleistungen für die Ehrenamtlichen erbracht – eine Steigerung von 39 Prozent im Vergleich zum Vorjahr – sowie 257 Projekte mit über 2.000 Teilnahmen gefördert.

Neues Team am Start: Unterstützung bei Konflikten und persönlicher Belastung
Wikimedia Deutschland fördert die Communitys nicht nur finanziell, sondern bietet den Ehrenamtlichen auch Unterstützung in besonderen Lebens- und Konfliktsituationen. Bereits Ende 2023 nahm das Team „Unterstützung und Beratung“ seine Arbeit auf, mit der Eröffnung der Beratungsstelle im Oktober 2024 wurde ein weiterer wichtiger Meilenstein erreicht. Die Beratungsstelle unterstützt die Ehrenamtlichen zum Beispiel, wenn es online zu Streitfällen kommt. „Inhaltlich mischen wir uns dabei nicht ein“, betont Team-Leiterin Miriam Konert, „wir sind keine Meldestelle.“ Vielmehr können sich Ehrenamtliche Lösungsstrategien für ihre Konflikte aufzeigen lassen – ein Netzwerk externer Expert*innen steht ebenfalls zur Verfügung. Das Motto lautete dabei: Hilfe zur Selbsthilfe. Auch im Falle eines Ehrenamts-Burnouts gibt es Hilfsangebote.
Darüber hinaus leistet das Team Awareness-Arbeit und hat gemeinsam mit der Community neue „Leitlinien zum wertschätzenden Umgang auf Veranstaltungen“ entwickelt, die erstmals mit Erfolg auf der WikiCon 2024 erprobt wurden. Zur Unterstützungspalette gehören zudem Bildungsangebote wie Workshops, beispielsweise zu feministischen Themen oder zum Umgang mit Neurodivergenz. Fünf dieser Workshops fanden 2024 mit insgesamt 140 Teilnehmenden statt.


Alle unsere Formate sind im engen Schulterschluss mit den Communitys entwickelt worden und finden großen ZuspruchMiriam Konert
Die im Oktober gegründete Beratungsstelle verzeichnete nach kurzer Zeit bereits acht fortlaufende Beratungsprozesse. Wikipedianer*innen berichten, dass die Beratungsgespräche sie in schwierigen Situationen unmittelbar unterstützen und entlasten.
Ein zehnter Geburtstag und eine dreifache Preisverleihung
Von Wikimedia finanziert, gibt es in sechs deutschen Städten Lokale Räume, in denen die Community zusammenkommt, um gemeinsam zu editieren, Projekte zu organisieren und neue Aktive willkommen zu heißen. Ein besonderes Jubiläum feierte 2024 der Lokale Raum Wikipedia:Hannover, der seit zehn Jahren als Treffpunkt für eine engagierte Community dient. „Wir bei Wikipedia:Hannover sind alle sehr verschieden, haben vollkommen unterschiedliche Interessen – aber wir haben ein starkes Zusammengehörigkeitsgefühl“, beschreibt die Wikipedianerin Bärbel Miemietz den Spirit ihres Lokalen Raums. Teil der Hannoveraner Community ist mit Bernd Schwabe auch ein Träger des Bundesverdienstkreuzes, der bereits mehrere tausend Wikipedia-Artikel verfasst oder maßgeblich bearbeitet hat.
Wie sehr das vielfältige Engagement der Freiwilligen die Wikimedia-Projekte bereichert, zeigen jedes Jahr auch die „Wiki Loves“-Fotowettbewerbe. Weit mehr als 30.000 Bilder unter freier Lizenz wurden 2024 bei den beiden größten Wettbewerben Wiki Loves Monuments und Wiki Loves Earth aus Deutschland eingereicht. Zum ersten Mal fand auch eine deutsche Ausgabe von Wiki Loves Folklore statt, bei der über 2.600 Bilder im freien Medienarchiv Wikimedia Commons hochgeladen wurden.
Im Dezember lud Wikimedia Deutschland die Erstplatzierten der drei Wettbewerbe zu einer gemeinsamen Preisverleihung in die Geschäftsstelle nach Berlin ein. Mit dabei waren neben den Preistragenden auch Gäste aus Politik, Kultur und Gesellschaft. Unter ihnen Katharina Peranić von der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt, die einmal mehr die Vorbildwirkung der Wettbewerbe und des digitalen Ehrenamtes lobte.
GLAM-Schwerpunktthema „Wiki Loves Demokratie“
Seit vielen Jahren setzt sich Wikimedia Deutschland gemeinsam mit der Community dafür ein, dass Kultureinrichtungen ihre Daten und Bestände für alle und damit auch für die Wikimedia-Projekte frei zugänglich machen. Mit Erfolg: Immer mehr GLAM-Institutionen (GLAM steht für Galleries, Libraries, Archives, Museums) öffnen sich und stellen ihre Sammlungen unter freie Lizenz. 2024 hat Wikimedia Deutschland knapp 20 GLAM-Veranstaltungen mit über 250 Teilnehmenden in Präsenz und online organisiert.
Dabei stand das GLAM-Jahr unter dem Motto „Wiki Loves Demokratie“. In Zeiten, in denen die liberalen Demokratien weltweit Bedrohungen durch erstarkenden Rechtspopulismus und zunehmende Desinformation ausgesetzt sind, ist das ein wichtiges Thema. Zu den Highlights zählte eine Veranstaltung zu den „Müttern des Grundgesetzes“ in Kooperation mit dem Archiv der Deutschen Frauenbewegung in Kassel. „Gerade über den Demokratie-Schwerpunkt haben wir viele Menschen erreicht, die sich zuvor nicht in den GLAM-Projekten engagiert haben“, erzählt Holger Plickert, Referent Kultur- und Gedächtnisinstitutionen bei Wikimedia Deutschland.
Ein zweiter Fokus lag auf dem 250. Geburtstag des Malers Caspar David Friedrich. Wikipedia-Aktive waren drei Tage lang in seinem Geburtsort Greifswald zu Gast und besuchten das Pommersche Landesmuseum, die historischen Gebäude der Universität Greifswald und die Domgemeinde St. Nikolai. Es wurden nicht nur Hunderte Fotos aufgenommen, sondern vor allem viel Wissen über den Maler gesammelt, das anschließend in die Wikipedia eingearbeitet wurde. Flankiert wurden die Aktionen rund um den Geburtstag noch mit Besuchen in den Sonderausstellungen in der Hamburger Kunsthalle und auf der Museumsinsel in Berlin.

Förderung von Vielfalt und neuen Ehrenamtlichen im Fokus
Zu sämtlichen Veranstaltungen – ob GLAM-Unternehmungen, Konferenzen oder Preisverleihungen – erhebt Wikimedia Deutschland kontinuierlich Feedback. „Wir überprüfen, ob es Anpassungsbedarf bei unseren bestehenden Förderrichtlinien gibt“, so Sandro Halank. Besonders wichtig ist es, neue Ehrenamtliche zu gewinnen und den Zugang für bislang unterrepräsentierte Gruppen zu erleichtern – etwa Frauen, Menschen ohne Hochschulabschluss oder junge Engagierte. „Das wollen wir im engen Austausch mit den Communitys verstärkt in unseren Fördermaßnahmen abbilden.“
Neue Freiwillige: Zwei Formate sind wieder sehr erfolgreich
Damit die Wikipedia ihre Relevanz als Bastion des freien und verlässlichen Wissens behält, ist sie auf eine aktive und möglichst große Community angewiesen. Wikimedia Deutschland hat sich auch 2024 dafür eingesetzt, Menschen dazu zu motivieren, dauerhaft in der Wikipedia mitzumachen.
Auf großes Interesse stieß dabei wieder das Format „Mit Wikipedia unterwegs“. Ein Wochenende lang kamen in Bielefeld neue und erfahrene Ehrenamtliche zusammen, um sich über die Arbeit in der Wikipedia auszutauschen. Gerade dieser persönliche Kontakt hilft, Barrieren abzubauen und den Einstieg ins digitale Ehrenamt zu erleichtern. „Die Atmosphäre war konstruktiv und hilfsbereit, beide Seiten haben von dem Format profitiert“, beschreibt Karoline Lölhöffel aus dem Team Mitmachen & Community-Management. Die Neulinge können jetzt beispielsweise besser verstehen, wie Entscheidungen in der Wikipedia-Community getroffen werden. Die erfahrenen Aktiven lernten einiges über die Bedürfnisse neuer Beitragender. Aufgrund der tollen Resonanz wird „Mit Wikipedia unterwegs“ 2025 mit Stationen in Neu-Ulm und Erfurt fortgesetzt.
Ein weiteres wichtiges Format zur Gewinnung neuer Ehrenamtlicher ist die Reihe „Jugend editiert“. Bei regelmäßig stattfindenden Treffen, die von Wikimedia Deutschland gefördert werden, lernen junge Menschen unter 25, wie sie in der Wikipedia mitmachen können. 2024 gab es insgesamt elf Ausgaben mit über 50 Teilnehmenden.

Train the Trainer und Zebra-Treffen
Auch für Institutionen gibt es Möglichkeiten, sich gezielt in die Wikipedia einführen zu lassen. Dabei bieten erfahrene Ehrenamtliche aus der Community Schulungen an Universitäten und Schulen oder für Museen, Bibliotheken oder Verbänden an. Die Nachfrage ist gut: Unter anderem fand 2024 im Rahmen des Münsteraner Droste-Festivals ein Edit-a-thon zum Thema „Hexen“ statt. An der Humboldt-Universität Berlin wurde eine Veranstaltung zum Thema „(Rechts-)Geschichte neu schreiben: Wikipedia für vergessene Jurist*innen“ angeboten, und auch an der Bergischen Universität Wuppertal gab es ein Seminar zur Wikipedia. Den Trainer*innen selbst bietet Wikimedia Deutschland Fortbildungen an: So gab es im Kontext des Train-the-Trainer-Programms 2024 eine Seminarreihe mit drei Stationen in Berlin, Köln und München mit 30 Teilnehmenden.
Eine weitere Zusammenarbeit ergab sich mit den sogenannten Digital-Zebras, einem Projekt der Zentral- und Landesbibliothek Berlin. Dabei bieten Mitarbeitende der Stadtteilbibliotheken offene Sprechstunden zu Digitalthemen an. Weil dabei auch das Wissen über die Wikipedia nicht fehlen darf, hat Karoline Lölhöffel von Wikimedia Deutschland fünf der „Zebras“ eine Einführung in die Wiki-Welt gegeben.
Förderprogramm re·shape geht in die zweite Runde
Wissen bedeutet Macht – besonders, wenn es darum geht, wessen Perspektiven sichtbar werden und Teil der offiziellen Erzählungen sind. Noch immer werden die Geschichten und Erfahrungen von Menschen, die Rassismus erfahren, zu wenig berücksichtigt. Um mehr Wissensgerechtigkeit – auch für die Wikimedia-Projekte – zu schaffen, hat Wikimedia Deutschland das Förderprogramm re·shape ins Leben gerufen.
Im Sommer 2024 ging die erste Runde zu Ende. Mit jeweils 5.000 Euro und einem umfangreichen Mentorenprogramm wurden zehn Projekte gefördert, die sich auf unterschiedliche Weise für die Sichtbarkeit von marginalisiertem Wissen einsetzen.

Mit dem Programm ist es uns gelungen, den Geförderten Kenntnisse rund um Freies Wissen und die Wikimedia-Projekte zu vermitteln und zugleich einen Raum für eine kritische Auseinandersetzung zu eröffnenRiham Abed-Ali, Referentin im Team Marginalisiertes Wissen

Die erste Runde war ein Lernprozess für alle Beteiligten. „Der Austausch mit den Geförderten war ein wichtiger Teil, um zu verstehen, mit welchen Fragen, Leerstellen und Lücken wir uns auseinandersetzen müssen, um Freies Wissen zukünftig inklusiver zu gestalten“, bilanziert Riham Abed-Ali. Nach einer ausführlichen Evaluation wurde das Programm der zweiten Runde, die im Herbst 2024 startete, angepasst. Zur Fördervoraussetzung gehört jetzt, dass alle Projektergebnisse unter einer freien Lizenz veröffentlicht werden müssen. In der ersten Runde konnten sich die Geförderten noch dagegen entscheiden, wenn es gute Gründe gab. Um die Vielfalt der Teilnehmenden zu erhöhen, sind die Kriterien für die Teilnahme weniger streng als noch in der Runde davor.
re·shape fördert in der zweiten Runde zehn Projekte, die marginalisiertes Wissen sichtbarer machen. Das Projekt „Hast du schon gegessen?“ beleuchtet zum Beispiel die vietnamesische Esskultur in der Diaspora und schafft eine digitale Sammlung persönlicher Geschichten und Rezepte. „Fragmente des Alter(n)s in der Migrationsgesellschaft“ widmet sich den Lebensrealitäten älterer Menschen mit Migrationsgeschichte und dokumentiert ihre Erfahrungen in einer Online-Wissensplattform. „Clocking In, Dreaming On“ setzt sich mit den prekären Arbeitsbedingungen migrantischer Lieferant*innen auseinander und macht deren Perspektiven über Podcasts, Videos und Ausstellungen zugänglich.

re·shape ist für uns ein wichtiges Programm, weil es unsere Anliegen sowohl für einzelne Personen als auch Organisationen, die sich für marginalisiertes Wissen engagieren, sichtbar und greifbar macht.Dominik Scholl, Leiter des Teams Kultur und Marginalisiertes Wissen
Das Interesse an re·shape ist groß – für die zweite Runde haben sich rund 80 Projekte beworben, zehn erhalten eine Förderung. Außerdem ist der Kreis der Netzwerkpartner gewachsen. Neben den neuen deutschen organisationen – das postmigrantische netzwerk e.V. unterstützen auch Vereine und Initiativen wie LAMSA e.V., das Migration Lab, der Migrationsrat Berlin e.V., das Multikulturelle Forum e.V., RomaniPhen e.V. und SUPERRR Lab das Programm. Mit diesen Partnerorganisationen arbeitet Wikimedia auch über re·shape hinaus an Projekten.


