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Marginalisiertes Wissen

In Zeiten der gesellschaftlichen Polarisierung und der zunehmenden Desinformation sind Orte wie die Wikipedia als verlässliche Wissensquelle wichtiger denn je. Glücklicherweise wächst das Wissen in der Wikipedia weiter: die deutschsprachige Ausgabe hat unlängst die Marke von drei Millionen Artikeln überschritten. Dennoch repräsentiert die Online-Enzyklopädie noch nicht das Wissen der gesamten Welt. Vor allem Perspektiven und Inhalte von marginalisierten Gruppen und Communitys finden noch zu wenig Eingang.

Was ist mit „marginalisiertem Wissen” gemeint?

Überall dort, wo Wissen produziert wird – im Journalismus, an Universitäten und in der Forschung – dominiert die Perspektive der Mehrheitsgesellschaft. Entsprechend wird das Wissen von marginalisierten Gruppen und Communitys oft nicht ausreichend berücksichtigt oder dokumentiert. Dadurch können sich unausgewogene oder stereotype Darstellungen festigen, anderen Perspektiven fehlt es an Sichtbarkeit.

So ist es auch in der Wikipedia: Wissenschaftliche oder journalistische Texte sind die wichtigsten Quellen für Artikel in der Wikipedia – was gute Gründe hat, denn dass Aussagen in Wikipedia-Artikeln mit zuverlässigen Publikationen belegt sein müssen, ist ein wichtiges Prinzip zur Qualitätssicherung. Gleichzeitig strebt die Wikipedia danach, ein vollständiges und ausgewogenes Wissen der Welt allen frei verfügbar zu machen. Gemäß dieser Vision wollen wir als Wikimedia Deutschland der Marginalisierung von Wissen entgegenwirken. Auf der einen Seite unterstützen wir marginalisierte Communitys dabei, ihr Wissen sichtbarer zu machen und zu teilen – auch in der Wikipedia und ihren Schwesterprojekten. Auf der anderen Seite unterstützen wir die Wikipedia-Community dabei, für mehr Wissensgerechtigkeit einzutreten.

Bei Wikimedia Deutschland arbeiten wir mit folgenden Definitionen:

Marginalisierung ist ein gesellschaftlicher Prozess, bei dem Personen oder Gruppen an den Rand gedrängt und vom wirtschaftlichen, kulturellen oder politischen Leben ausgeschlossen werden. Sie ist eine Folge struktureller Diskriminierung, etwa durch ungleiche Macht- und Ressourcenverteilung, Zugangsbarrieren, Fremdzuschreibungen oder Stigmatisierung.

Marginalisierte Communitys sind gesellschaftliche Gruppen, die von einer oder verschiedenen Formen von Diskriminierung betroffen sind, z. B. aufgrund von sexueller Identität, geschlechtlicher Identität, Behinderung oder Neurodiversität, Klasse, Religion, (sozialer) Herkunft oder Rassismus.

Marginalisiertes und Freies Wissen: Risiken und Gegenwirkungen

Marginalisiertes Wissen frei zu veröffentlichen, kann auch mit Risiken verbunden sein. Auf offene Systeme wie Wikipedia oder Wikidata können grundsätzlich alle zugreifen – auch Algorithmen, staatliche Sicherheitsapparate oder rechte Bewegungen.

Wenn frei verfügbare Daten und Informationen unvollständig sind oder ein verzerrtes Bild liefern, kann das Folgen haben. Möglicherweise werden dadurch Ausschlüsse verschärft und Zugänge weiter erschwert, außerdem können solche Daten missbraucht werden, um Personen oder Bewegungen zu kriminalisieren.

Mit dem Programm re•shape und durch Kooperationen mit Organisationen von marginalisierten Communitys schafft Wikimedia Deutschland Räume, in denen Menschen aus marginalisierten Communitys eine informierte Entscheidung darüber treffen können, ob und wie sie ihr Wissen teilen wollen.

Entscheiden sie sich dafür, Informationen auf Wikipedia oder den Schwesterprojekten zu veröffentlichen, brauchen sie die Unterstützung von anderen Wikipedianer*innen. Mit unserer Arbeit fördern wir Austausch und Vernetzung zwischen den marginalisierten Gruppen und den Wikimedia-Communitys.

Wikimedia Deutschland unterstützt die Communitys der Wikimedia-Projekte bei ihren Bestrebungen, sie vielfältiger und vollständiger zu machen – und noch mehr Menschen für die Bedeutung von marginalisiertem Wissen zu sensibilisieren.

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