Verschlusssache Prüfung

Verschluss­sache Prüfung

Jedes Jahr bereiten sich Hunderttausende Schüler*innen auf ihre zentralen Abschlussprüfungen vor. Vorjahresaufgaben könnten eine gute Übung sein – doch leider stellen diese nur wenige Bundesländer zur freien Verfügung. Oft bleibt den Schüler*innen nur die Möglichkeit, Übungshefte von Schulbuchverlagen zu kaufen. Wikimedia Deutschland und FragDenStaat setzen sich dafür ein, dass Schüler*innen freien Zugang zu Prüfungsaufgaben aus Vorjahren bekommen. Wir nennen das Projekt „Verschlusssache Prüfung”.
Fragen zum Projekt:

Franziska Kelch
politik@wikimedia.de

Pressekontakt:

Frank Böker
presse@wikimedia.de

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Erste Reak­tionen auf die Kampagne

3. Mai 2023: Nach Recher­chen von Table.Media (Bezahl­in­halt) wollen zwei Bundes­länder ihre Vorge­hens­weise bei der Veröf­fent­li­chung von Alt-Klau­suren ändern. Bran­den­burg „prüfe derzeit, in welcher Form das Land Prüfungs­auf­gaben zukünftig veröf­fent­li­chen kann“, heißt es bei Table.Media. Und Baden-Würt­tem­berg wolle einen Online-Zugang für Schüler*innen einführen. Nicht ganz das, was wir unter einem freien Zugang verstehen, aber ein erster Schritt hin zu mehr Trans­pa­renz!

Weitere Medi­en­be­richte zu Verschluss­sache Prüfung

hessen­schau: Alte Abi-Prüfungen gegen Geld
Frank­furter Rund­schau: Minis­te­rien verscher­beln Abi-Aufgaben an Verlage — auf Kosten der Eltern
table.media: Das Geschäft mit den Altklau­suren
Kolumne netzpolitik.org: Wiki­media erwirbt Rechte an Prüfungen in Baden-Würt­tem­berg

Mehr Bildungs­ge­rech­tig­keit

Im Sinne der Bildungs­ge­rech­tig­keit müssen Prüfungs­auf­gaben und Lösungen aus den Vorjahren für alle Schülerinnen in allen Bundes­län­dern öffent­lich und frei zugäng­lich sein. Damit sich alle, auch Lernende aus einkom­mens­schwa­chen Fami­lien, gut auf ihre Abschluss­prü­fungen vorbe­reiten können. Denn aktuell sind Schülerinnen aus einkom­mens­starken Fami­lien im Vorteil. Sie können es sich leisten, Übungs­hefte von Schul­buch­ver­lagen zu kaufen, wenn in ihrem Bundes­land die alten Prüfungs­auf­gaben gar nicht oder nicht öffent­lich zugäng­lich sind

Per IFG-Anfrage zur Prüfungs­auf­gabe

Wie hilft „Verschluss­sache Prüfung“ dabei, an die Prüfungs­auf­gaben aus Vorjahren zu kommen? Zumin­dest in sechs Bundes­län­dern gibt es die Möglich­keit, sich die Aufgaben durch eine soge­nannte Infor­ma­ti­ons­frei­heits­ge­setz-Anfrage (IFG-Anfrage) vom zustän­digen Minis­te­rium zuschi­cken zu lassen. Auf der Projekt­seite von Verschluss­sache Prüfung können Inter­es­sierte mit wenigen Klicks eine IFG-Anfrage starten. Teil­weise stehen dort Prüfungs­auf­gaben auch schon aus früheren IFG-Anfragen zur Verfü­gung.

Bundes­weite Rege­lung gesucht

Die Anfrage per IFG ist nur eine Über­gangs­lö­sung. Denn teil­weise erheben Behörden Gebühren für die Zusen­dung der Aufgaben. In vielen Bundes­län­dern können Prüfungs­auf­gaben aus Vorjahren über­haupt nicht per IFG-Anfrage befreit werden. Etwa weil diese Länder gar kein Infor­ma­ti­ons­frei­heits­ge­setz haben oder Prüfungs­auf­gaben aus dem Gesetz ausge­nommen sind. Dieser Flicken­tep­pich muss sich ändern. Es braucht bundes­weite Regeln für den Zugang zu Infor­ma­tionen – gerade auch, wenn es um so wich­tige Themen wie Bildung geht.

Unsere Forde­rungen

01 Prüfungs­auf­gaben frei­geben

Prüfungs­auf­gaben und Lösungen müssen frei zugäng­lich sein – etwa auf den Webseiten der Bildungs­mi­nis­te­rien oder auf einer zentralen Platt­form. Nur so lässt sich sicher­stellen, dass alle Schüler*innen Zugang zu den Aufgaben und gleiche Voraus­set­zungen bei der Vorbe­rei­tung haben.

02 Bundes­weites Trans­pa­renz­ge­setz

Nicht einmal per IFG-Anfrage können Inter­es­sierte in allen Bundes­län­dern Zugang zu Prüfungs­auf­gaben erhalten. Es braucht ein bundes­weites Trans­pa­renz­ge­setz, das den Flicken­tep­pich besei­tigt und für die notwen­dige Trans­pa­renz staat­li­chen Handelns sorgt – gerade auch bei so wich­tigen Themen wie Bildung.

03 Öffent­li­ches Geld – Öffent­li­ches Gut!

Was mit öffent­li­chem Geld finan­ziert wird, muss allen zugu­te­kommen. Das gilt auch für Prüfungs­auf­gaben, die mit öffent­li­chen Finanz­mit­teln erstellt werden. Deshalb sollten die zustän­digen Behörden verpflichtet sein, diese Infor­ma­tionen für alle frei verfügbar zu machen.

Wie ist der Stand in deinem Bundes­land?

Bildung ist Länder­sache. Ob und wie die Prüfungs­auf­gaben aus Vorjahren verfügbar gemacht werden, unter­scheidet sich deshalb von Bundes­land zu Bundes­land. Und auch die Möglich­keit, per IFG-Anfrage an Prüfungs­auf­gaben zu gelangen, ist nicht einheit­lich gere­gelt. Manche Länder haben gar kein eigenes Infor­ma­ti­ons­frei­heits­ge­setz, andere haben Prüfungs­auf­gaben explizit davon ausge­nommen. Hier erfährst du, wie es in deinem Bundes­land aussieht:

  • Baden-Würt­tem­berg

    Schüler*innen dürfen Prüfungs­auf­gaben aus Vorjahren in ihrer Schule einsehen. IFG-Anfragen sind nicht möglich, da Prüfungs­be­hörden in Baden-Würt­tem­berg vom Anwen­dungs­be­reich des Infor­ma­ti­ons­frei­heits­ge­setzes ausge­schlossen sind.

  • Berlin

    In Berlin und Bran­den­burg wird ein gemein­sames Abitur in Deutsch, Mathe­matik, Englisch und Fran­zö­sisch geschrieben. Verant­wort­lich ist das Landes­in­stitut für Schule und Medien (LISUM) in Bran­den­burg. Dort sind Bildungs­ein­rich­tungen vom Infor­ma­ti­ons­frei­heits­ge­setz ausge­nommen. Ledig­lich die Mathe­ma­tik­prü­fungen des Abiturs sind öffent­lich. Lehrer*innen haben Zugriff auf einen geschützten Bereich, über den alte Prüfungs­auf­gaben einge­sehen und zu Unter­richts­zwe­cken verwendet werden können.

  • Bremen

    Das Bremer Infor­ma­ti­ons­frei­heits­ge­setz ermög­licht die Anfrage von Prüfungen. Proaktiv werden die Prüfungen jedoch nicht bereit­ge­stellt.

  • Hessen

    Schüler*innen können Prüfungs­auf­gaben aus Vorjahren in ihrer Schule einsehen. Auch IFG-Anfragen sind möglich, jedoch verlangt das Kultus­mi­nis­te­rium hohe Gebühren für die Zusen­dung der Aufgaben.

  • Nieder­sachsen

    Vorbild­lich! Nieder­sachsen veröf­fent­licht Abitur- und andere Prüfungs­auf­gaben der letzten Jahr­gänge in einem eigenen Portal.

  • Rhein­land-Pfalz

    In Rhein­land-Pfalz gibt es kein zentrales Abitur, jede Schule hat unter­schied­liche Abitur­auf­gaben. Die Schulen erstellen in eigener Verant­wor­tung drei Aufgaben. Davon wählt das Minis­te­rium zwei aus und ergänzt diese um eine Aufgabe des Insti­tuts IQB. Diese Aufgaben gibt es hier.

  • Sachsen

    Es gibt eine Daten­bank mit Prüfungs­auf­gaben, zu der die Schulen einen Zugriff bereit­stellen können.

  • Schleswig-Holstein

    Vorbild­lich! Die Abschluss­prü­fungen für den Mitt­leren Schul­ab­schluss, den Ersten Allge­mein­bil­denden Schul­ab­schluss und das Abitur werden vom Bildungs­mi­nis­te­rium proaktiv veröf­fent­licht.

  • Bayern

    In Bayern gibt es kein Infor­ma­ti­ons­frei­heits­ge­setz, es fehlt also eine recht­liche Grund­lage, um Prüfungen anzu­fragen. Immerhin sendet Bayern auf Anfrage auch ohne Rechts­an­spruch die Prüfungen zu. Die Aufgaben dürfen aufgrund des Urhe­ber­rechts dann aber nicht veröf­fent­licht werden. Einige Aufgaben sind auch bereits im Prüfungs­ar­chiv öffent­lich einsehbar.

  • Bran­den­burg

    In Berlin und Bran­den­burg wird ein gemein­sames Abitur in Deutsch, Mathe­matik, Englisch und Fran­zö­sisch geschrieben. Verant­wort­lich ist das Landes­in­stitut für Schule und Medien (LISUM) in Bran­den­burg. Dort sind Bildungs­ein­rich­tungen vom Infor­ma­ti­ons­frei­heits­ge­setz ausge­nommen. Ledig­lich die Mathe­ma­tik­prü­fungen des Abiturs sind öffent­lich. Lehrer*innen haben Zugriff auf einen geschützten Bereich, über den alte Prüfungs­auf­gaben einge­sehen und zu Unter­richts­zwe­cken verwendet werden können.

  • Hamburg

    Früher konnten in Hamburg Aufgaben und Lösungen mithilfe des Trans­pa­renz­ge­setzes ange­fragt werden. Doch eine Geset­zes­än­de­rung nimmt Prüfungen jetzt explizit davon aus.

  • Meck­len­burg-Vorpom­mern

    Prüfungs­auf­gaben können über das Infor­ma­ti­ons­frei­heits­ge­setz ange­fragt werden.

  • Nord­rhein-West­falen

    In Nord­rhein-West­falen können Schüler*innen über ihre Schule einen Zugangs­code zum Bildungs­server des Landes erhalten. Dort können sie die Prüfungs­un­ter­lagen erhalten. Auch IFG-Anfragen sind möglich, jedoch dürfen die ange­fragten Prüfungen aufgrund des Urhe­ber­rechts nur für private Zwecke genutzt und nicht veröf­fent­licht werden.

  • Saar­land

    Schüler*innen können Prüfungs­auf­gaben aus Vorjahren in ihrer Schule einsehen. IFG-Anfragen sind nicht möglich, da Prüfungs­ein­rich­tungen im Saar­land vom Infor­ma­ti­ons­frei­heits­ge­setz ausge­nommen sind.

  • Sachsen-Anhalt

    In Sachsen-Anhalt sind Anfragen von Prüfungen per Infor­ma­ti­ons­frei­heits­ge­setz möglich. Die Prüfungs­auf­gaben des bundes­weiten gemein­samen Aufga­ben­pools seit 2017, aus dem sich auch Sachsen-Anhalt bedient, können auf der Seite des Insti­tuts zur Quali­täts­ent­wick­lung im Bildungs­wesen (IQB) einge­sehen werden. Die Real­schul­ab­schluss­prü­fungen der letzten fünf Schul­jahre in den Fächern Deutsch und Mathe­matik macht das Land hier verfügbar.

  • Thüringen

    Thüringen stellt die Prüfungs­auf­gaben nicht selbst öffent­lich zur Verfü­gung. Immerhin hat uns die zustän­dige Behörde die Abitur­prü­fungen inklu­sive Lösungen der letzten beiden Jahre zur Verfü­gung gestellt und wir dürfen Inter­es­sierten auf Anfrage eine Privat­kopie zukommen lassen. In Thüringen sind Prüfungen vom Infor­ma­ti­ons­frei­heits­ge­setz ausge­nommen und können daher nicht ange­fragt werden.

Ansprech­per­sonen

Fran­ziska Kelch

Team­as­sis­tentin Politik & Öffent­li­cher Sektor

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Frank Böker

Kommu­ni­ka­ti­ons­ma­nager Poli­ti­sche Rahmen­be­din­gungen

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